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22. Juni 1953 (Montag) - Presseschau

Pressestimmen West:

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" beschäftigt sich mit denjenigen, "Die Freiheit verdienen": "Die Menschen Mitteldeutschlands, deren Verzweiflung aus den Demonstrationsmärschen gegen ihre Unterdrücker herausklingt, dürfen von ihren Tyrannen fordern, daß sie abziehen. Von ihren glücklicheren Gesinnungsgenossen in Freiheit können sie verlangen, daß sie bei ihnen weilen. Diese Vereinigung darf sich nicht in einer Feier und nicht in Beifall aus dem sicheren Hafen erschöpfen. Sie besteht, wenn sie echt ist, darin, daß sie die Unterdrückung der Zone nicht nur als eine mögliche Bedrohung für sich selbst, sondern als eigene schwere Last empfindet. Wenn die Sowjetzone hungert, wenn ihr Normen auferlegt werden, wenn die sowjetischen Panzer dort rollen, dann geschieht das alles in Wirklichkeit auch am und im Westen, von dem die Sowjetzone ein Teil ist."

Der Berliner "Kurier" sieht in seinem Kommentar "Die SED kompromittiert Semjonow" keine Veränderungen nach dem Aufstand: "Die SED will an der Macht bleiben, sie will den Gang der Ereignisse nach ihrem Gutdünken beeinflussen und sich für den Fall der Wiedervereinigung Positionen erhalten, die ihr nicht gebühren. Mit den Mittel des nackten Terrors werden jetzt die Gefängnisse, in die bisher Großbauern, bürgerliche Politiker, und Vertreter aller übrigen nichtsozialistischen Gruppen geworfen wurden, mit Arbeitern gefüllt, die sich gegen das kommunistische Regime erhoben haben. Solange die SED die Möglichkeit behält, mit diesen brutalen Maßnahmen vorzugehen, wird die Arbeiterschaft in der Sowjetzone die Politik Moskaus als gegen ihre Interessen verstoßend ansehen."

Als "Erkämpftes Recht" sieht "Der Tag" aus Berlin die Forderung nach der Einheit Deutschlands: "Gesamtdeutschland ist vor den Geschützen sowjetischer Panzer entstanden. Es muß jetzt am Verhandlungstisch bestätigt werden. Dem SED-Zentralkomitee blieb es vorbehalten, sich auch jetzt noch blind zu stellen und ein paar Zugeständnisse anzubieten, die sich "soziale Verbesserungen" nennen: Die alten Löhne und Fahrpreisermäßigungen! Die Pankower Funktionäre hätten ein einziges Mal aus dem Fenster sehen sollen, als die deutschen Arbeiter demonstrierten. Dann wüßten sie, daß sie nun versprechen könnten, die Sterne vom Sowjethimmel zu holen - es würde sinnlos sein. Die Deutschen auf beiden Seiten der Elbe wollen Freiheit und ein einheitliches Deutschland - sonst nichts."

"Terror oder Freiheit" heisst die Alternative, die die "Welt" sieht: "Die sowjetrussische Besatzungsmacht wurde durch die Ereignisse der vergangenen Woche vor eine klare, jedermann erkennbare Alternative gestellt. Sie kann die Herrschaft der Panzer und der Bajonette fortsetzen. Es ist dann völlig gleichgültig, wen sie als Strohmänner vor dieses Regime stellt, ob es diese alten Marionetten oder neue Personen, ob sie abgesetzte oder noch im Amt befindliche Funktionäre sind. Keiner dieser Politiker besitzt das Vertrauen der Deutschen der Ostzone, keiner besitzt auch nur einen Funken von Autorität, der ihn zur Übernahme eines Ministeramtes legitimieren würde. Will sie dies aber nicht tun, dann muß sich die sowjetrussische Besatzungsmacht entschließen, freie Wahlen auszuschreiben, um auf diesem Wege der Ostzone eine dem Volkswillen entsprechende Regierung zu geben, die dann auch die "Regierungsgeschäfte" nach dem Willen des Volkes, nach dem Willen des frei gewählten Parlaments und nicht nach den Anweisungen Moskaus zu führen hat. Andere Möglichkeiten bestehen nicht."



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